Donnerstag, 20.11.25
CONNY
CONNY
CONNY - »MANIC PIXIE DREAM BOY, VOL.3«
Wann ist ein Mann ein Mann, was ist Mannsein minus toxische Maskulinität und was kann man(n) tun,
gegen rechte Männer und Männerrechtler mit steinzeitlichen Männlichkeitsbildern? Fragen wie diese
begleiten CONNY seit Jahren durch sein Privatleben und seine Kunst. 2021 hat der Kölner Rapper ein
kreatives Spielfeld geschaffen, in dessen Rahmen er seitdem seine umfassende Suche nach einem Platz
in der Welt, seine Begegnungen mit Schatten und Traumata aus der eigenen Vergangenheit, auch seine
Lernprozesse in feministischer Theorie und Praxis dokumentiert: Die Album-Reihe »Manic Pixie
Dream Boy«. Im Frühjahr 2025 veröffentlicht CONNY nun endlich das wuchtige, in vielerlei Hinsicht
krönende Finale seiner gleichnamigen Trilogie. Es ist in Zusammenarbeit mit dem Producer-Duo ok,
schade. entstanden und erscheint auf CONNYs eigenem Label »Sweeep Records«.
»Manic Pixie Dream Boy, Vol.3« ist ein Album, das alte Kreise schließt und sich dennoch surreal nach
Jetzt anfühlt. Ein Album, dessen ästhetisches Begleitwerk in ein futuristisch anmutendes, sanftes wie
kraftvolles Lila getaucht ist. Ein Album, das das vermeintlich Große klein und das vermeintlich Kleine
groß, das Biografische politisch, das Politische konkret, das Banale tief und das Komplexe verstehbar
werden lässt. Ein Album, das - anstatt den Zeigefinger zu erheben oder Demo-Parolen zu dreschen -
von Tagebuch-artiger Intimität, smarten Brüchen, beinahe philosophischen Hirnverknotungen und
ambitioniert verschachtelten Wörterjonglagen lebt. Ein Album, das CONNY zu seiner bisherigen
Höchstform auflaufen lässt - auf musikalisch-technischer, vor allem aber auf inhaltlicher Ebene.
»Manic Pixie Dream Boy, Vol.3« beginnt nicht umsonst mit der Zeile »Es kann nicht bleiben, wie
!s
war«: Dieses Album hallt radikaler, dringlicher und selbst in den ruhigen Momenten irgendwie lauter
nach als seine beiden Vorgänger - weil CONNY zwei Schritte weiter geht als bisher. »Manic Pixie
Dream Boy, Vol.3« ist das mit Abstand mutigste Projekt seiner Solokarriere - weil es mit harten,
selbstkritischen Eingeständnissen gespickt ist; weil es dahin geht, wo!s unangenehm wird; weil es
Schamgrenzen übertritt, die in der deutschsprachigen Musiklandschaft - speziell von cis-männlichen
Protagonisten - selten bis nie übertreten werden. CONNY spricht offen über den Performancedruck,
den er seit seiner frühen Jugend mit dem Thema Sex verbindet; von herzsprengendem Lampenfieber,
von depressiven Phasen, von Tränen in Therapie-Sitzungen, von der regressiven Teenie-Version seiner
Selbst.
Im Schlüsselsong »Mauern« seziert CONNY eine vom Patriarchat protegierte, subtil gewalttätige
Ausprägung der Schweigekultur, die ihn lange Jahre selbst zum emotional verschlossenen Mann der
wenigen Worte werden ließ. In »Duolingo« legt er offen, wie häufig ihm - wenn es um den Ausdruck
seiner Gefühle geht - bis heute die Vokabeln fehlen. Gute, aufrichtige, respektvolle Kommunikation
statt »Vaterschweigen« - das ist überhaupt ein Kernthema, ein zentrales privatpolitisches Anliegen
dieses Albums. CONNY hat im Laufe der letzten Jahre erkannt, dass Zuhören, Blumen am 8. März,
bunt lackierte Fingernägel und das Zitieren weiblicher Perspektiven in Raptexten nicht ausreicht, um
als weißer, privilegierter Mann aktiver Baustein des gesellschaftlichen Fortschritts zu sein; dass
männliche Solidarität mit feministischen Kämpfen laut sein, eine Sprache finden muss.
»Manic Pixie Dream Boy, Vol.3« präsentiert einen in seiner Sprecherrolle spürbar selbstbewussteren,
auf ein »Männerlimit« plädierenden CONNY. Einen CONNY, der die Hilfe des Manic Pixie Dream
Boy - diesem uneindeutigen Mischwesen aus fiktivem Zukunfts-CONNY, feministischem
Superhelden und bestem Freund - in Zukunft nicht mehr als Projektionsfläche, Ventil und Stütze
brauchen wird; weil er endlich Worte findet, wo vorher nur Zweifel und Schweigen waren.